Die Präanalytische Phase

Entnahme, Handhabung und Transport von Blutproben sind Schlüsselfaktoren für die Richtigkeit klinischer Laboranalysen, letztendlich sogar für die Qualität der Patientenfürsorge. Bei Blutgas- und pH-Analysen kann ein falsches Ergebnis häufig schlimmere Folgen für den Patienten haben als gar kein Ergebnis

National Committee for Clinical Laboratory Standards: Blood gas preanalytical considerations: specimen collection, calibration and controls. NCCLS Document C27-A. 1993: 13(6).]

Die Präanalytische Phase beginnt mit der Entnahme vom Patientenblut und endet mit der Eingabe des Blutes in den Analysator. In dieser Zeit können viele Fehler zu einem falschen Ergebniss der Blutgasmessung führen.

Im folgendem Beitrag möchte ich die häufigsten Fehler ansprechen und Tipps geben um diese zu vermeiden. Denn schließlich können falsche Ergebnisse auch eine falsche Behandlung zur Folge haben.

1. Vor der Probenentnahme

Um kein falsches Bild von der respiratorischen Gesammtsituation des Patienten zu bekommen solltet ihr den richtigen Zeitpunkt der Probenentnahme abpassen.

  • Umstellungen am Respirator zur Optimierung der respiratorischen Situation des Patienten spiegeln sich erst nach mind. 30 Minuten in der BGA wieder. Eine Probenentnahme direkt nach der Umstellung ist also eher zu vermeiden.

  • Der Zeitpunkt und die Umstände der Probenentnahme solltet ihr zur besseren Einschätzung der BGA dokumentieren ( am besten auf der BGA selbst):  Lage des Patienten ( im liegen, sitzen, stehen). Welcher FiO2 Wert ist am Respirator zum Zeitpunkt der Probenentnahme eingestellt gewesen?  Bei spontan atmenden Patienten solltet ihr notieren ob und wieviel O2 über Nasensonde o.ä. gegeben wurde. Die jenigen unter euch die das PDMS oder andere elektronische Patientenakten verwenden haben es da einfacher.   .

  • Auch hämodynamische Schwankungen können die BGA beeinflussen, da die Perfusion der Lunge dovon abhängt.

  • Die Umlagerung des Patienten kann ebenfalls die BGA beeinflussen. Beatmete Patienten husten oder pressen oft beim "betten" gegen die Beatmung. Eine im Anschluss entnommene BGA spiegelt nicht die tatsächliche Situation wieder.
  • Eine BGA die ihr direkt nach dem endotrachealem Absaugvorgang entnommen habt kann auch nicht adäquart verwertet werden. Auch hier solltet ihr mindestens 30 Minuten warten um eine BGA zu entnehmen
  • Der Entnahmeort ist für die Interpretation der BGA ebenfalls wichtig (arteriell? kapillär?) und sollte notiert werden

Wichtig ist auch die Wahl des Blutprobennehmers.

  • Er sollte mit Trockenheparin ausgestattet sein, da Flüssigheparin die Blutprobe verdünnt und die gemessenen Werte somit bis zu 10% verfälscht werden können.
  • Das Heparin verhindert eine vorzeitige Gerinnung des entnommenen Blutes und schützt den Analysator vor Verstopfung durch Koagel.
  • Gerade bei der Bestimmung von Elektrolyten sollte elektrolyt-kompensiertes Heparin verwendet werden. Nicht elektrolyt-kompensiertes Heparin verfälscht häufig das Ergebnis, da Heparin Kationen, z. B. Calcium oder Kalium, bindet.

2. Unmittelbar nach der Probenentnahme

  • Luftblasen in der Blutprobe können das Ergebnis der BGA verfälschen. Durch leiches klopfen an der Spritze könnt ihr die Luftbläschen in Richtung der Spitze bringen.
  • Dann einfach einen Tupfer o. ä. an die Spitze halten und mit Hilfe des Kolbens vorsichtig aus der Spritze drücken.
  • Danach solltet ihr die Spritze mit einer entsprechenden Kappe verschließen und langsam aber vollständig durchmischen um das Heparin in der Probe zu verteilen. Lasst ihr diesen Schritt aus, geht ihr das Risiko ein das sich Mikrogerinnsel bilden, die nicht nur zu einem die Probenwerte verfäschen sondern auch zum anderen zu einem verstopfen des Analysators führen können.

3. Transport und Lagerung der entnommenen Blutprobe

Die Blutprobe solltet ihr zeitnah in den Analyator eingeben weil :

  • Der Metabolismus im Blut auch ausserhalb des Körpers fortschreitet
  • Sauerstoff durch den Probenbehälter diffundieren kann
  • Kalium aus den Erytrozyten sich mit der Zeit freisetzen kann
Wird die Blutprobe aus irgendwelchen Gründen länger als 10 Minuten gelagert, solltet ihr sie bei 0°-4°C lagern um den Stoffwechsel im Blut zu verlangsamen. Die entnommene Probe solltet ihr nicht länger als 30 Minuten lagern um falsche Werte zu vermeiden. Proben mit einem sehr hohen pO2 müssen sofort analysiert werden, da die Diffusion sehr schnell zu fehlerhaften Werten führt.

4. Direkt vor der Analyse

Der Teil der Probe, der in den Analysator übertragen wird, muss homogen und repräsentativ für die ganze Probe sein. Ist dies nicht der Fall, können erhebliche Fehler auftreten, vor allem bei den Hämoglobin-Parametern.

  • Mischt die Probe vollständig, indem ihr sie wiederholt vertikal schwenkt und horizontal rollt.

  • Eine Probe, die 30 Minuten lang gelagert wurde, kann vollständig sedimentiert sein. Daher ist ein vollständiges Mischen erforderlich.

  • Die ersten paar Blutstropfen von der Spitze der Spritze sind häufig koaguliert und nicht repräsentativ für die gesamte Probe. Daher solltet ihr einige Tropfen Blut immer verwerfen, z. B. auf ein Stück Gaze, bevor ihr die Probe in den Analysator eingebt.

5. Beurteilung der Testergebnisse

Bevor ihr Ergebnisse weitergebt, beurteilt, ob die Ergebnisse eventuell systematische Fehler enthalten, besonders wenn sie von der allgemeinen Bewertung des Patientenzustandes abweichen.

Wenn es Hinweise auf fehlerhafte Ergebnisse gibt, berichtet dies zusammen mit den Ergebnissen und berücksichtigt  diese bei einer klinischen Entscheidung.

6. Probentypen

6.1 Arterielle Proben

  • Arterielle Proben können entweder über eine Arterienpunktion oder durch Aspiration aus einem Arterienkatheter entnommen werden. Beide Methoden haben sowohl Vor- als auch Nachteile.

Arterienpunktionen

Vorteile Nachteile
  • Bei korrekter Durchführung geringeres Risiko systematischer Fehler als bei Arterienkatheter oder Kapillarentnahme
  • Kann in Notfallsituationen durchgeführt werden
  • Kein Katheter erforderlich
  • Erfordert geringeres Probenvolumen als Probenentnahme über Katheter
  • Schmerzhaft für den Patienten. Hyperventilation kann potentiell die Blutgaswerte verändern
  • Lokalisierung der Arterien kann schwierig sein
  • Risiko von Komplikationen für den Patienten, Durchführung einer Arterienpunktion nicht immer ratsam
  • Anwendersicherheit – Risiko von Unfällen durch Nadelstiche
  • Erfordert geübtes/autorisiertes Personal

                                                                                                                

Arterienkatheter

                                                                              

 Vorteile Nachteile
  • Einfacher Erhalt von Proben auf Grund des Verweilkatheters
  • Schmerzfrei für den Patienten
  • Ausschluss des mit Mehrfachpunktionen verbundenen Risikos
 
  • Risiko der Kontamination der Probe mit Luft durch Katheterverbindungen etc.
  • Risiko von Verdünnungsfehlern, wenn Katheter unzulänglich durchgespült wurde
  • Infektionsrisiko durch Invasivkatheter· Risiko einer Gerinnselbildung, die zu Thrombosen oder Embolien führen kann
  • Risiko einer Anämie, da zu viel Blut entnommen wird (üblicherweise 5-6 mL pro Probe einschließlich des zu verwerfenden Teils)
  • Risiko eines lokal verminderten oder blockierten Blutflusses, der zu einer Nekrose führen kann

6.2 Kapillarproben                                

 

Kapillarproben werden häufig zur Beurteilung des arteriellen Sauerstoffstatus verwendet. Diese Methode ist jedoch mit Vorsicht anzuwenden:
  • Kapillarproben sind abhängig von der peripheren Durchblutung und können von den arteriellen Werten abweichen 

  • Eine Kontaminierung der Probe mit Luft kommt häufig vor und kann Veränderungen aller respiratorischen Parameter verursachen

  •  Eine Hämolyse kann Veränderungen im Elektrolyt-Status verursachen

  • Das "herraus quetschen" des Blutes aus der Entnahmestelle kann Kalium aus dem Gewebe in das Blut schwemmen.

  • Messergebnisse des Sauerstoffstatus, die ihr mittels einer Kapillarprobe erhalten habt, sollten  immer mit Vorsicht interpretiert werden

6.3 Venöse Proben

  • Periphere venöse Proben werden für die Beurteilung des Sauerstoffstatus nicht empfohlen, da sie wenige oder keine Informationen über den allgemeinen Zustand des Patienten liefern.
  • Proben aus zentralvenösen Kathetern können verwendet werden, um den gemischt-venösen Sauerstoffstatus zu beurteilen.Der Sauerstoffstatus in gemischt-venösem Blut, das über einen Katheter entnommen wurde, dessen Spitze in der pulmonalen Arterie liegt, ist hilfreich zur Beurteilung des respiratorischen, metabolischen und zirkulatorischen Status des Patienten.Ein niedriger gemischt-venöser Sauerstoffgehalt ist ein Zeichen für eine beeinträchtigte Sauerstoffversorgung entweder auf Grund einer niedrigen arteriellen Sauerstoffverfügbarkeit oder einer zirkulatorischen Insuffizienz bei erhöhter Sauerstoffextraktion.

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