Störungen des Säure-Basen-Haushalts                                            


Eine Störung des Säure-Basenhaushalts ist gekennzeichnet durch eine Abnahme oder Zunahme der H+ Ionenkonzentration, also eine Verlagerung des pH Werts außerhalb der Normgrenzen.

  • Bei einem pH Wert unterhalb 7,35 (Zunahme der H+ Ionenkonzentration) spricht man von einer Azidose.
  • Bei einem pH Wert über 7,45 (Abnahme der H+ Ionenkonzentration) spricht man von einer Alkalose
Zusätzlich wird je nach Genese der Störung zwischen respiratorischen und metabolischen Azidosen und Alkalosen unterschieden.

  • Respiratorisch bedingte Säure-Basen-Störungen gehen primär mit Veränderungen des paCO2 einher und führen zu einer respiratorischen Alkalose oder zu einer respiratorischen Azidose.
  • Metabolische Störungen des Säure-Basen-Gleichgewichts manifestieren sich primär in Veränderungen der HCO3- Ionenkonzentration und bewirken eine metabolische Azidose oder Alkalose

Akute Störungen treten innerhalb von wenigen Minuten auf und chronische Störungen verlaufen über Tage, Wochen oder länger.

Im Folgenden werden die respiratorische Azidose/Alkalose und die metabolische Azidose/Alkalose näher erklärt.

Respiratorische Azidose

Eine nicht ausreichende alveoläre Ventilation führt zum Anstieg des paCO2 (Hyperkapnie) und somit zu einem Abfall des pH Werts bzw einer Zunahme der H+ Ionenkonzentration.

  • Die ungenügende Ausscheidung von Kohlendioxid durch die Lungen (Atemversagen) führt zu einem akutem Anstieg der CO2 Konzentration im Plasma mit Zunahme der H+ Ionenkonzentration und Abfall des pH Werts
  • Gegenregulatorisch aktiviert sich sofort der Kohlensäure-Bicarbonat-Puffer
  • Nach mehreren Stunden setzen die renalen Kompensationsmechanismen ein, die allerdings erst nach 3-5 Tagen bei anhaltender Hyperkapnie maximal ausgeprägt sind

Die Ursachen des Atemversagens werden unterschieden in:

  • Pulmonale Ursachen: Störung oder Erkrankung der unteren Atemwege, des Lungenparenchyms oder der Lungengefäße
  • Extrapulmonale Ursachen: Störungen oder Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, der Atemmuskulatur, der Thoraxwand, der Pleura oder der oberen Atemwege

Die Therapie richtet sich nach der Zugrunde liegenden Ursache

Akute respiratorische Azidose

Eine akute respiratorische Azidose geht mit einem erhöhten paCO2 und einem niedrigen pH Wert einher.

  • Die Störung dauert wenige Minuten oder Stunden an
  • Die HCO3- Ionenkonzentration bleibt bei der akuten respiratorischen Azidose unverändert

Chronische respiratorische Azidose

Bei einer chronischen respiratorischen Azidose ist nicht nur der paCO2 erhöht sondern als Zeichen der Kompensation auch das HCO3- und BE (bei einer kompensierten resp. Azidose ist der pH Wert normal)

  • Hält die Hyperkapnie an, so beginnt nach 6-8 Stunden die renale Kompensation durch vermehrte Ausscheidung von H+ Ionen und Bildung von Bicarbonat in der Lunge
  • Nach 2-3 Tagen sind diese Kompensationsreaktionen im Gleichgewichtszustand

Respiratorische Alkalose

Von einer respiratorischen Alkalose spricht man wenn der paCO2 Wert unter 30mmHg abgefallen und der pH Wert über 7,5 angestiegen ist (z.B. Hyperventilation).

  • Die H+ Ionenkonzentration fällt bei niedrigen paCO2 schneller als die HCO3- Ionenkonzentration
  • Ursachen können hypoxische Atemgemische ( in Höhenlage z.B.) , psychische Störungen (Hyperventilation) sowie pathophysiologische Störungen (z.B. Sepsis Leberzirrhose, zentrale Störungen, Schädel-Hirn-Trauma etc.) sein
  • Eine Behandlung der resp. Alkalose wird bei pH Werten über 7,55 als erforderlich angesehen. Das Vorgehen richtet sich nach der Ursache der resp. Alkalose
  • Häufigste Ursache der resp. Alkalose in der Intensivmedizien ist die falsche Respiratoreinstellung

Chronische respiratorische Alkalose

Eine chronische resp. Alkalose (kompensierte resp. Alkalose) liegt vor wenn:

  • Der paCO2 unter 45mmHg liegt,
  • Der pH Wert Normal ist,
  • HCO3- und BE in der BGA erniedrigt ist

Metabolische Azidose

Bei einer metabolischen Azidose ist primär die H+ Ionenkonzentration erhöht.

  • Der pH Wert liegt unterhalb von 7,35
  • HCO3- und BE erniedrigt

Die Ursachen einer metabolischen Azidose können sein:

  • Nierenversagen und Nierenerkrankungen mit einer verminderten H+ Ausscheidung 
  • Laktatazidose durch kardiogenen oder septischen Schock, schweren Gewebstraumen oder Minderperfusion und Hypoxie
  • Ketoazidose (Diabetis mellitus Typ 1)
  • Schwere Leberzirrose
  • Hohe Bikarbonatverluste wie z.B. bei starken Diarrhöen oder Nierenfunktionsstörungen
  • Medikamente wie z.B. Salizylate, Adrenalin

Die Lactatazidose ist die häufigste metabolische Azidose auf der Intensivstation.

Metabolische Azidosen werden zumindest teilweise respiratorisch kompensiert (Kussmaulatmung), sofern der Patient spontan atmet. Klinisch zeigt sich in diesen Fällen eine kompensatorische Hyperventilation mit erniedrigtem paCO2.

Ein Abfall des pH Werts auf 7,2 gefährdet den Patienten

Zerebrale Auswirkungen einer metabolischen Azidose:

  • Verwirrtheit
  • Muskelschwäche
  • Stupor
  • Koma

Kardiovaskuläre Auswirkungen einer metabolischen Azidose:

  • Tachykardie, später Bradykardie
  • ventrikuläre Herzrhythmusstörungen
  • Blutdruckabfall
  • Abnahme des Herzzeitvolumens

Die Therapie erfolgt mit Puffersubstanzen wie Natrium-Bikarbonat oder Tris-Puffer. Die Pufferung sollte langsam und unter Kontrolle (BGA) durchgeführt werden um ein Überkorrektur zu vermeiden.

Metabolische Alkalose

Bei der metabolischen Alkalose ist die H+ Ionenkonzentration im Blut erniedrigt.

  • Der pH Wert liegt oberhalb von 7,45
  • HCO3- und BE erhöht


Die Ursachen einer metabolischen Alkalose können sein:

  • Verlust von saurem Magensaft und somit auch von H+ Ionen, durch Erbrechen oder ableitende Sonden oder Drainagen 
  • Diuretikatherapie mit Schleifendiuretika
  • Schwerer Kaliummangel
  • Leberversagen

Der menschliche Organismus kann eine metabolische Alkalose nur respiratorisch kompensieren. Durch Hypoventilation wird CO2 zurück gehalten um den pH Wert zu normalisieren. Dies ist aber nur begrenzt möglich da die Gefahr einer Hypoxämie groß ist.

Therapie:

  • Eine Therapie ist nur in seltenen Fällen nötig
  • Zufuhr von Chlorid (KCl,NaCl) um eine vermehrte HCO3- Ionenausscheidung zu ermöglichen
  • Nur sehr selten ist in schweren Fällen eine Zufuhr von Salzsäre nötig

Respiratorisch kompensierte metabolische Alkalose

  • pH-Wert nahezu normal
  • HCO3- Ionenkonzentration erhöht
  • Standardbikarbonat erhöht
  • positive Basenabweichung
  • paCO2 erhöht